Vegane Proteinquellen

ÜBER DIE BIOLOGISCHE WERTIGKEIT VON PFLANZLICHEM UND TIERISCHEM PROTEIN

Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung von www.nubymi.com  zur Verfügung gestellt.

Dem Ernährungsmythos, dass eine rein pflanzliche Ernährung uns nicht ausreichend mit Eiweiß versorgen kann, weil dann keine vollständige Umwandlung des Nahrungsproteins zu körpereigenem Protein stattfindet, kann man Folgendes entgegensetzen: Pflanzliche Eiweißquellen verfügen über alle essenziellen und nicht essenziellen Aminosäuren – und zwar zu unterschiedlichen Anteilen. Aus den verschiedenen Eiweißbausteinen kann unser Körper schließlich ein vollständiges Aminosäureprofil zusammenbauen.

Da pflanzliches Protein jedoch gegenüber tierischem Protein schwerer aufzuschlüsseln und zu verwerten ist, spricht man auch von einer geringeren biologischen Wertigkeit oder auch von einer geringeren Bioverfügbarkeit

Das bedeutet aber nicht, dass die Qualität des pflanzlichen Eiweißes eine schlechtere ist. Durch den Konsum von verschiedenen pflanzlichen Eiweißquellen ergänzen sich die unterschiedlichen Aminosäuren und stellen damit eine vollwertige Versorgung sicher. Kombiniert man beispielsweise Hülsenfrüchte mit Getreideprodukten, so erhöht man die Wertigkeit des pflanzlichen Eiweißes von beiden Lebensmittelgruppen. Hülsenfrüchte enthalten nur wenig von der Aminosäure Methionin, ergänzen aber perfekt, was dem Getreide an den Aminosäuren Threonin und Tryptophan fehlt und andersherum.

VOM SALAT SCHRUMPFT DER BIZEPS? KOMMT AUF DEN SALAT AN…

Klar, wer sich hauptsächlich von Blattsalat und wasserreichem Gemüse ernährt, wird sich schwertun damit seinen Eiweißbedarf zu decken. Wer seinen Salat jedoch mit Nüssen und Samen, Tofu oder Bohnen anreichert, der macht seine pflanzliche Mahlzeit zu einer wahrlich nährstoffreichen Eiweißbombe.

PFLANZLICHE EIWEISSLIEFERANTEN: IN DIESEN VEGANEN LEBENSMITTELGRUPPEN STECKEN BESONDERS VIEL PROTEIN

Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Lupine, Erdnüsse)

Hülsenfrüchte sind in der Zubereitung sehr vielfältig und können dementsprechend zu Brotaufstrichen, Dips und Bratlinge verarbeitet, aber auch als Salattopping oder in Soßen verwendet werden. Sie enthalten im gegarten Zustand dann bis zu 15 Gramm Eiweiß auf 100 Gramm. Eine wahre Eiweißbombe ist jedoch die Erdnuss, welche eigentlich keine Nuss, sondern eine Hülsenfrucht ist: 100 Gramm versorgen euch bereits mit ca. 26 Gramm Eiweiß. Allerdings muss man hier beachten, dass diese 100 Gramm auch wiederum über 50 Gramm Fett enthalten und damit schon fast den ganzen Tagesbedarf an Fett decken. Daher sind Erdnüsse sowie Nüsse sicherlich nicht als Hauptproteinquelle anzusehen!

 

 

Sojabohnen-Produkte (Tofu, Tempeh, Joghurt, Drink, Granulat, Flocken, Mehl)

Der Star in der veganen Fitnessküche ist die Sojabohne, die mit ungefähr 35 Gramm Eiweiß auf 100 Gramm infolge den größten pflanzlichen Eiweißlieferant darstellt. Außerdem ist die biologische Wertigkeit von Sojaprotein ähnlich gut wie das von Schweine- und Rindfleisch und somit eine hochwertige, pflanzliche Proteinquelle! Das mit am bekanntesten Sojabohnenprodukt ist der Tofu, der dann auf vielfältige Art und Weise zu Fleischersatzprodukten weiterverarbeitet werden kann. Aber auch als Joghurt oder Drink stellt die Sojabohne eine gute Alternative zu Milchprodukten dar.

 

Nüsse (Haselnüsse, Walnüsse, Paranüsse, Pekannüsse, Macadamianüsse) & Steinfrüchte (Mandeln, Pistazien, Cashewkerne, Kokosnüsse)

Trotz hohem Fett- und damit Kaloriengehalt, sind Nüsse und Steinfrüchte hervorragende Eiweißquellen, die überdies das Risiko an Koronarer Herzkrankheit zu erkranken reduzieren können. Die DGE empfiehlt für den täglichen Verzehr von Nüssen eine Menge von 25 Gramm – das entspricht dann etwa einer Handvoll. Nüsse und Steinfrüchte können außerdem zu Mus oder Butter verarbeitet werden. Wer Soja nicht verträgt oder auf Abwechslung steht, kann dann auch auf Quark, Frisch-/Käse, Joghurt und Milch auf Nussbasis zurückgreifen.

 

Kerne, Samen und Saaten (Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Sesam, Leinsamen, Chiasamen, Hanfsamen)

Wir kennen Mohn, Sesam und Kürbiskerne auf unseren kernigen Teigwaren. Doch auch Salate und Müslis, belegte Brote sowie Smoothies können mit den kleinen Proteinkörnern aufgepeppt werden. Besonders gesund für uns sind Lein-, Chia- und Hanfsamen – die liefern dann auch gleich noch eine ordentliche Menge an wertvollen Omega-3-Fettsäuren!

 

(Vollkorn-)Getreide (Hafer, Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Kamut, Emmer, Einkorn)

& Pseudogetreide (Quinoa, Amaranth, Hirse, Buchweizen)

Getreide und vor allem die ballaststoffreiche Vollkornvariante enthalten ebenfalls Eiweiß. Wer eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) hat, muss nicht auf Backwaren verzichten, sondern kann dann auf verschiedene Arten von Pseudogetreide zurückgreifen. Immer mehr Bäcker und Supermärkte bieten glutenfreie Alternativen an.

 

Gluten/ Klebereiweiß (Seitan)

Ein weiterer hervorragender Fleischersatz mit ca. 30 Gramm Eiweiß auf 100 Gramm ist Seitan, welcher als Klebereiweiß aus Weizen gewonnen wird. Seinem fleischähnlichen Geschmack, Konsistenz und Aussehen verdankt Seitan seine zunehmende Popularität in veganen Küchen und Kühlregalen. Vom Seitanpulver zum Selbstanrühren bis hin zu formvollendeten Burgerpatties, Würstchen und Geschnetzeltem ist der „Fleischeslust“ keine Grenze gesetzt – außer man verträgt kein Gluten. Dafür gibt es aber mittlerweile auch schmackhafte Fleischalternativen aus der Lupinen- oder Sojabohne.

 

Gemüse (Brokkoli, Champignons, Spinat. Kohl, …)

Gemüse, wie beispielsweise Champignons (ca. 56% Proteinkalorien) und Spinat (ca. 50% Proteinkalorien) enthalten ebenfalls wertvolles Eiweiß und sind zudem sehr kalorienarm. Viele Pilze besitzen übrigens eine fleischähnliche Konsistenz beim Anbraten.

 

Sprossen & Keimlinge (Kresse, Alfalfasprossen, Mungobohnensprossen, Rettichsprossen, Buchweizenkeimlinge)

Sprossen und Keimlinge wachsen aus Hülsenfrüchten, Nüssen, Gemüsesamen sowie Getreidekörnern und sind kleine Kraftpakete. Ihr Protein und ihre große Menge an Vitalstoffen können vom Darm besonders gut aufgenommen werden.

 

UNVERARBEITETE LEBENSMITTEL VS. ERSATZ- UND FERTIGPRODUKTE

Wie sich jeder denken kann, sind unverarbeitete, also naturbelassene Lebensmittel immer vorzuziehen. Denn sie enthalten keine zugesetzten Geschmacksverstärker sowie andere Zusatzstoffe und belasten unseren Magen-Darm-Trakt nicht. Allerdings ist das zunehmende Angebot an veganen Milch- und Fleischersatzprodukten verlockend. Viele dieser Produkte enthalten jedoch meist mehr Salz, Zucker sowie Fett als wir täglich zu uns nehmen sollten und sind trotz pflanzlichen Ursprungs dann nicht sehr gesundheitsförderlich. Wer allerdings hin und wieder gerne zur Fertigware greift, dem ist anzuraten, auf die Inhaltsstoffe zu schauen. Es gilt dann dabei die Regel: Je weniger Zusatzstoffe beigesetzt wurden, desto gesundheitsförderlicher ist das Produkt.

Sportler mit einem erhöhten Eiweißbedarf können ergänzend auf isolierte Pflanzenproteine (z.B. Soja, Reis, Erbse oder Hanf) oder vegane Mehrkomponenten-Proteinpulver zurückgreifen. Wer seine Smoothies jedoch mit eiweißhaltigen Nüssen, Kernen, Samen und Sprossen anreichert, erhält ebenso eine eiweißreiche Mahlzeit.

 

NACHTEILE PFLANZLICHER EIWEISSQUELLE

Wie bereits erläutert, könnte ein Nachteil pflanzlicher Eiweißquellen deren niedrigere biologische Wertigkeit/ Bioverfügbarkeit darstellen. Dadurch bedarf es intelligenter Lebensmittelkombinationen, um somit die Wertigkeit der Proteine zu erhöhen. Wer sich ausgewogen ernährt, d.h. über den Tag verteilt verschiedene pflanzliche Eiweißlieferanten zu sich nimmt, der gibt dann dem Körper alle benötigten Eiweißbausteine für ein vollständiges Aminosäureprofil.

 

VORTEILE PFLANZLICHER EIWEISSQUELLEN

Im Gegensatz zu tierischen Eiweißquellen kommen bei veganen jedoch auch eine deutlich größere Menge an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen und weniger gesättigte Fettsäuren und Nahrungscholesterin auf den Tisch. Zudem sind pflanzliche Lebensmittel leichter und schneller zu verdauen.

Mit dem Konsum von rein pflanzlichen Eiweißquellen kann dann ein übermäßiger Eiweißverzehr meist gut vermieden werden.

Es gibt Hinweise, dass beim Verzehr von tierischem Protein schnell mehr Eiweiß aufgenommen wird, als der Körper eigentlich benötigt. Bei der sauren Verstoffwechslung von Eiweiß fällt viel Harnsäure im Körper an, welches dann zur Regulierung des Säure-Basen-Haushalts wieder ausgeschieden werden muss. Um ein Übermaß an Stoffwechselsäuren abzupuffern, verbraucht unser Körper Antioxidantien und löst Kalzium aus unseren Knochen, welches zudem das Risiko für poröse Knochen (Osteoporose) erhöht. Kommt der Körper nicht mehr hinterher oder sind Leber und Nieren belastet, droht die Gefahr der Ablagerung von Harnkristallen in den Gelenken. Dies kann sich durch beispielsweise Gicht oder Arteriosklerose bemerkbar machen. Ein übersäuerter Organismus ist zudem anfälliger für neurodegenerative und Krebserkrankungen. Pflanzliche Lebensmittel (v.a. Gemüse und Obst) können durch die überwiegend basische Verstoffwechslung einer erhöhten Säurelast entgegenwirken. 

Keine Sorge! – eine übermäßige Eiweißaufnahme schadet vor allem Menschen, deren Ausscheidungsorgane (Leber, Nieren) bereits belastet oder erkrankt sind. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt zur Sicherstellung einer ausreichenden Proteinzufuhr bei erwachsenen Breitensportlern (4-5 Mal pro Woche mit 30 Minuten körperliche Aktivität bei mittlerer Intensität) eine Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß/kg Körpergewicht. Leistungssportler hingegen benötigen je nach Sportart- sowie Trainingsintensität eine individuelle Beratung und Betreuung durch Sportwissenschaftler und -trainer.

Eine 2019 veröffentliche japanische Kohortenstudie kam außerdem zu dem Ergebnis, dass die Sterblichkeitsrate geringer ausfiel, je mehr pflanzliches Protein konsumiert worden ist.

Wer jetzt noch skeptisch ist, ob pflanzlicher Eiweißkonsum und sportliche Hochleistungen zusammenpassen, der möge noch der Aussage von Carl Lewis, erfolgreichster Leichtathlet der 90er Jahre, Beachtung schenken:

„I discovered that an athlete does not need animal protein to be a successful athlete. In my best year In fact my best year in athletics competitions was when I converted.“

 

FAZIT

  • Pflanzliches Eiweiß (außer das der Sojabohne) ist von geringerer biologischer Wertigkeit als tierisches Eiweiß, was jedoch nichts über deren Qualität aussagt. Denn durch geschickte Lebensmittelkombinationen können pflanzliche Eiweiße besser aufgenommen und verwertet werden.
  • Pflanzliche Lebensmittel werden meist basisch verstoffwechselt und versorgen uns mit einer großen Menge an gesundheitsförderlichen Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen.
  • Verglichen mit tierischen Proteinquellen, liefern Pflanzenproteine sehr viel weniger gesättigte Fettsäuren sowie Nahrungscholesterin und sind zudem leichter zu verdauen.
  • Der Konsum von pflanzlichem Eiweiß steht in Zusammenhang mit einer geringeren Sterblichkeit und mit einer gesteigerten Lebenserwartung.
  • Unverarbeitete Lebensmittel sind pflanzlichen Fleisch- und Milchersatzprodukten vorzuziehen. Bei veganen Fertigprodukten gilt: Je weniger Zusatzstoffe wie z.B. Geschmacksverstärker, Salz, raffinierte Fette und Zucker enthalten sind, desto gesundheitsförderlicher.
  • Liegt eine Unverträglichkeit oder Allergie gegen Hülsenfrüchte, Sojabohnenprodukte oder Nüsse vor, so ist die Eiweißversorgung über andere pflanzliche Quellen sicherzustellen oder eine Ergänzung mit Proteinpulvern (z.B. Reis, Erbse, Hanf) anzuraten.

Quellen

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  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (21.06.2016). Ein Hoch auf Hülsenfrüchte. DGE aktuell (07/2016). Aufruf am 10.08.2020 unter https://www.dge.de/presse/pm/ein-hoch-auf-huelsenfruechte/
  • Flatley, Annika (12.01.2012). Seitan: So gesund und vielseitig ist die vegane Fleischalternative. Aufruf am 13.08.2020 unter https://utopia.de/ratgeber/seitan-vegan-fleischersatz/
  • Gebauer, Guido F. (20.11.2018). Soja: sicher und gesund. Aufruf am 13.08.2020 unter https://www.vegan.eu/soja-sicher-und-gesund/
  • Huppertz, Arkadi. Eiweißhaltige Lebensmittel für Veganer. Aufruf am 12.08.2020 unter https://www.eiweisshaltige-lebensmittel.info/veganer/
  • NDR (05.03.2018). So gesund sind Sprossen und Keimlinge. Visite (Radio & TV). Aufruf am 13.08.2020 unter https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/So-gesund-sind-Sprossen-und-Keimlinge,sprossen196.html
  • NDR (06.03.2020). Fleischersatz: Wie gesund sind pflanzliche Alternativen? Visite (Radio & TV) Aufruf am 13.08.2020 unter https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Fleischersatz-Wie-gesund-sind-pflanzliche-Alternativen,fleischersatz166.html
  • Reents, Lucas (vegan.athletes). Biologische Wertigkeit von Proteinen -10 wichtige Fakten über Proteine. Aufruf am 13.08.2020 unter https://www.vegan-athletes.com/vegane-proteinpulver/biologische-wertigkeit-von-proteinen/
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  • Wenzel, Christian (vegan.athletes). Vegane Ernährung und Fitness – Ist das möglich? 3. Welche Mythen begleiten die vegane Ernährung? Aufruf am 09.08.2020 unter https://www.vegan-athletes.com/vegane-ernaehrung-und-fitness-moeglich/#Welche_Mythen_begleiten_die_vegane_Ernaehrung
  • Wenzel, Christian (vegan.athletes). Vegane Sportler – Vegane Weltmeister und Elitesportler (2019). Aufruf am 13.08.2020 unter https://www.vegan-athletes.com/vegane-sportler-erfolgreiche-spitzensportler-in-der-weltelite
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (19.12.2017). Ergebnisse des 13. Ernährungsberichts. Aufruf am 10.08.2020 unter https://www.dge.de/nachrichten/detail/mit-nuessen-und-mandeln-das-herz-schuetzen/
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2018). Vegan essen – klug kombinieren und ergänzen. Aufruf am 09.08.2020 unter https://www.dge-medienservice.de/vegan-essen-klug-kombinieren-10er-pack.html
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2017). Ausgewählte Fragen und Antworten zu Protein und unentbehrlichen Aminosäuren. Aufruf am 12.08.2020 unter https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/protein/
  • Budhathoki, Sanjeev; Sawada, Norie; Iwasaki, Motoki et al. (26.08.2019). Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality in a Japanese Cohort. JAMA International Medicine, 179(11):1509-1518. doi: 10.1001/jamainternmed.2019.2806 

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